Kultur

Das Theater Bielefeld stellt Spielplan 2024/25 vor

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“

Leitungsteam Theater Bielefeld
GDN - Das Theater Bielefeld hat den Spielplan der Spielzeit 2024/25 vorgestellt. Das vielfältige Programm steht unter dem Motto „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, womit sich das Stadttheater bewusst gesellschaftspolitisch positioniert.
Die Würde des Menschen ist unantastbar. Seit 75 Jahren steht dieser Satz an erster Stelle des deutschen Grundgesetzes und setzt damit einen Maßstab für das politische Schaffen wie das gesellschaftliche Leben hierzulande. Doch seit Jahren erhalten rechtsextreme Organisationen mehr und mehr Zulauf, sitzen in unseren Parlamenten zunehmend Menschen, die anderen die Freiheit, Gleichheit und Würde absprechen und werden in rechten Netzwerke, sozialen Medien und Talkshows antidemokratische und menschenfeindliche Ideen verbreiten.
Das Theater Bielefeld möchte diesen Tendenzen etwas entgegensetzen. „Es geht uns darum, die unantastbare Menschenwürde nicht zur Floskel werden zu lassen, sondern mit Leben und Bedeutung zu füllen“, heißt es in einer Pressmitteilung. Es sei eine Aufgabe als Stadttheater, kontinuierlich demokratische Werte und Menschlichkeit zu pflegen. Folgerichtig lautet das Spielzeitmotto für die kommende Spielzeit: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“
Die Premieren der Spielzeit 2024/25
Zum Auftakt der Saison steht mit „Cabaret“ eines der meistgespielten Musicals weltweit auf dem Programm. Mit „Don Giovanni“ wartet die erste Oper der kommenden Spielzeit mit einem echten Herzensbrecher auf. Nach den vergangenen Erfolgen geht das Format Lichtspieloper in der Rudolf-Oetker-Halle mit der gut einstündigen Oper „Herzog Blaubarts Burg“ von Béla Bartók in eine neue Runde. Basierend auf Tennessee Williams’ gleichnamigem Drama schuf André Previn mit „A Streetcar Named Desire“ (Endstation Sehnsucht) ein packendes Werk für die Opernbühne. „Hoffmanns Erzählungen“ von Jacques Offenbach ist das wohl berühmteste Fragment der Opernliteratur – inspiriert von drei Erzählungen E. T. A. Hoffmanns.
Seine wohl reifste Oper gestaltete der tschechische Komponist Bohuslav Martin? mit „Die griechische Passion“ aus der Vorlage von Nikos Kazantzakis. Nicht nur in der bekannten Verfilmung von François Truffaut, auch auf der Theaterbühne wurde Ray Bradburys Science-Fiction-Roman „Fahrenheit 451“ von 1953 vielfach umgesetzt. Das Theater Bielefeld macht daraus eine spartenübergreifende Produktion. Anknüpfend an vergangene Familienopern kommt in der Spielzeit 2024/25 mit „Alice im Wunderland“ von Pierangelo Valtinoni schließlich eine weitere Produktion als deutsche Erstaufführung für Groß und Klein auf die Stadttheaterbühne. Ein Wiedersehen gibt es mit Verdis „Falstaff“ und Puccinis „La Bohème“.
„Great Expectations“ ist der Titel der ersten Uraufführung von Felix Landerers zweiter Spielzeit als Künstlerischer Leiter des Ensembles von TANZ Bielefeld. Der Neukomposition von Christof Littmann steht barocke Musik gegenüber, gespielt von den Bielefelder Philharmonikern. Um Glück, Zufall und Willkür dreht sich anschließend der Tanzabend „Fortuna“. Das Gemeinschaftsprojekt der Choreografen Felix Landerer und Giuseppe Spota ist eine Kooperation zwischen TANZ Bielefeld und dem Bern Ballett und wird im TOR 6 Theaterhaus zu sehen sein.
Für seine dritte Produktion lädt TANZ Bielefeld gleich zwei Gastchoreograf*innen ein: Paloma Muñoz und Johannes Wieland. Beide sind bekannte Größen in der internationalen Tanzlandschaft und wurden mehrfach für ihre Werke ausgezeichnet. Für ihren Double Bill-Abend teilen sie den Wunsch, die rasante Zeit anzuhalten und sich auf einen authentischen Dialog einzulassen.
Das jährliche Tanzgastspiel wird in der kommenden Saison erweitert: Vom 19. bis 23.02.25 wird Bielefeld zum Hotspot wegweisender Stimmen im Tanz. In der Internationalen Gastspielwoche Tanz präsentiert TANZ Bielefeld zwei Produktionen und möchte zudem mit Talk-Formaten und Workshops einen Ort der Begegnung und Interaktion mit dem Publikum schaffen. Zum Saisonabschluss bietet das neue Format „Carte Blanche“ schließlich den Ensembletänzer*innen die Möglichkeit, eigene Choreografien zu entwickeln und zu präsentieren.
Das Schauspiel beginnt mit einem absoluten Kultstück: Agatha Christies „Die Mausefalle“ sorgt seit siebzig Jahren für ausverkaufte Häuser und gilt als das am längsten ununterbrochen gespielte Theaterstück der Welt. Thomas Köcks „antigone. ein requiem“, eine »rekomposition« von Sophokles´ Tragödie, lädt das antike Personal mit zeitgenössischer Bedeutung auf. In der deutschsprachigen Erstaufführung von „Age is a Feeling“ erzählt Haley McGee die Geschichte eines Lebens vom Tag des 25. Geburtstags bis zum Tod.
In der Komödie „Grand Horizons“ möchte Nancy sich nach fünfzig Jahren Ehe scheiden lassen. Bess Wohls Wellmade-Stück ist eine humorvolle und herzerweichende Studie über das Eheleben, Familien und die Weisheit, die mit dem Alter kommt – oder auch nicht. Astrid Lindgrens Kinderbuchklassiker „Pippi Langstrumpf“ wird das Familienstück zur Weihnachtszeit. Mareike Fallwickl gibt in „Die Wut, die bleibt“ einen intimen Einblick in das, was viel zu oft selbstverständlich scheint: den Alltag weiblicher Selbstaufopferung zwischen Care-Arbeit, Karriere, Körper.
Mit „Wolf“ kommt eine Bearbeitung eines Romans von Saša Staniši? auf die Bühne. Einfühlsam zeichnet Tom Ratcliffe in „Trümmer“ (Wreckage) eine Lebensgeschichte, die von dem Verlust eines geliebten Menschen geprägt ist und scheut dabei nicht den Blick in die Zukunft, der trotz aller Trauer mit Liebe und Hoffnung gefüllt sein kann. Gnadenlos behandelt Yasmina Reza in ihrem Kammerspiel Kultstück „Der Gott des Gemetzels“ die zwischenmenschlichen Abgründe, die sich oft auftun, wenn man unter der Oberfläche schürft. Francis Scott Fitzgerald schafft mit „Der große Gatsby“ den wohl glamourösesten Gastgeber legendärer Partys in der modernen Weltliteratur und zeichnet ein gleichermaßen schillerndes wie brüchiges Bild der 1920er-Jahre.
Nino Haratischwili kombiniert in „Penthesilea. Ein Requiem“ antikes Pathos mit moderner Figurenpsychologie und setzt den Fokus auf das Zusammentreffen zweier Welten, die sich auf ihre Unterschiedlichkeiten berufen. Dariusch Yazdkhasti und Konrad Kästner überprüfen Lessings „Nathan der Weise“ mit multimedialer Wucht. Schließlich verdichten Patty Kim Hamilton und Elias Kosanke in der Uraufführung „Queer Song Night“ persönliche und kollektive queere Geschichten und Musik zu einem Theatertext, der mit viel Lebenskraft, Feingefühl und Glamour auf die Bühne kommt.
Die Vermittlungsabteilung jungplusX ergänzt die Premieren in Musiktheater, Schauspiel und Tanz mit eigenen Produktionen. So finden auch in der kommenden Spielzeit unter dem Titel „Schrittmacher“ drei Community-Dance-Projekte statt: Im ersten Projekt trifft der Schrittmacher auf den TANZ-Jugendclub. Unter dem Titel „Blickwechsel“ geht es darum, unterschiedliche Perspektiven einzunehmen. Im „Schrittmacher – Unerwartet“ beschäftigen sich die Mitwirkenden mit dem Fakt, dass das Leben nicht planbar ist. Der dritte Schrittmacher wird traditionsgemäß mit den Tänzer*innen des Ensembles von TANZ Bielefeld auf die Bühne gebracht und lehnt sich an den Tanzabend „Fortuna“ an.
Natürlich bringt auch der Jugendclub des Theaters wieder eine Produktion mit Aufführungsserie auf die Bühne. Wer eine Idee für einen Stoff oder ein Thema hat, kann sich für das Format „Selbstauslöser“ bewerben, um dann mit professioneller Unterstützung eine eigene Inszenierung herauszubringen. Am Ende der Spielzeit gibt es im Rahmen einer szenischen Lesung erste Einblicke in das nächste „Parallele Welten“-Projekt. In der Schreib- und Theaterwerkstatt finden bereits seit 2010 Bielefelder*innen mit und ohne Einwanderungsgeschichte zusammen, um sich im Perspektivwechsel zu üben und schreibend und schauspielend ein gemeinsames Stück zu kreieren.
Die Produktion aus der vergangenen Saison, „Parallele Welten – Anne, Mama, Mamulya“, kehrt im September zurück auf den Spielplan. Im Juni heißt es im Theater am Alten Markt wieder »Bühne frei!« für junge Theaterensembles: Im Rahmen von „play! – Festival Junges Theater“ zeigen Akteur*innen unterschiedlicher Schulen und Träger ihre Produktionen und interagieren in Workshops.
Das Spielzeitheft mit dem gesamten Programm der Saison 2024/25 ist ab Anfang Juni erhältlich. Dann startet auch der Kartenvorverkauf für die ersten Produktionen.
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